Hochwasserhilfe

Am Sonntag, den 08. August 2021, endet die wohl längste und emotionalste Überlandhilfe in der Geschichte der Feuerwehr Neustadt. Nach über 14.000 Einsatzstunden in der  Eifelgemeinde Mayschoß, trafen die letzten Einsatzkräfte wieder in der Neustadter Hauptfeuerwache ein. Die Neustadter Kräfte, welche zusammen mit den Feuerwehren aus Speyer, Frankenthal, dem Rhein-Pfalz-Kreis und der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen in Mayschoß tätig waren, lösten sich in den vergangenen Wochen jeweils im 72 Stunden Rhythmus in der Eifel ab. Zeitweise waren bis zu 35 Einsatzkräfte aus allen Neustadter Feuerwehreinheiten an der Einsatzstelle.

Einsatzkräfte vielseitig gefordert

In dieser Zeit übernahmen die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden vielfältige Einsatzaufgaben: So wurden die Anwohner beim Ausräumen der beschädigten Häuser sowie beim Auspumpen vollgelaufener Kellerräume unterstützt. Heizöl musste aus zerstörten Tanks und von kontaminiertem Wasser kontrolliert abgesaugt werden, um die Umwelt und vor allem die übergetretene Ahr vor noch größeren Verunreinigungen durch Öl und Chemikalien zu schützen. Weiterhin unterstützten Fachkräfte aus den Reihen der freiwilligen Feuerwehrkameraden mit großem Engagement die Wiederherstellung der beschädigten Infrastruktur, beispielsweise durch den schnellen und sicheren Aufbau eines aggregatgespeisten Stromnetzes im Dorf und den Wiederaufbau des Mobilfunknetzes. Da durch das Hochwasser auch Gas- und Wasserleitungen weggerissen wurden, sorgten die Einsatzkräfte ebenso für den Aufbau und die Betreuung einer Hygieneeinrichtung vor Ort und koordinierten die ständige Anlieferung von Trink- und Brauchwasser. Letzteres wurde in großen Teilen für die Einspeisung des Neustadter Dekontaminationszeltes genutzt, welches Anwohnern und Einsatzkräften die einzige Duschmöglichkeit bot und von bis zu 1000 Personen am Tag genutzt wurde. Weitere Einsatzbereiche der Neustadter Kameradinnen und Kameraden waren darüber hinaus die Sicherstellung des Brandschutzes am provisorischen Hubschrauberlandeplatz, welcher durch Bundeswehr- und Rettungshubschrauber mit Hilfsgütern beliefert wurde, die Koordination von Logistikaufgaben und die Besetzung von Führungsaufgaben in der örtlichen Einsatzleitung. Zur Entlastung der Feuerwehreinheit Mayschoß stand außerdem während der gesamten Einsatzdauer eine Fahrzeugbesatzung für die Sicherstellung der örtlichen Einsatzbereitschaft zur Verfügung.

Hilfe für Helfer

Besonders tragisch hatte das schlagartige Hochwasser der Ahr auch die örtliche Feuerwehr getroffen. Während das eigene Feuerwehrgerätehaus mit den Uniformen und allen Gerätschaften vollständig überspült wurde, retteten und evakuierten die Mayschosser Kameraden ihre Mitbürger am Unglückstag aus den Wassermassen und standen danach als Feuerwehr selbst vor dem Nichts. Durch die Neustadter Wehr konnten die Feuerwehrleute vor Ort mit neuer Einsatzkleidung versorgt werden. Eine besondere und ergreifende Geste war es, als der stellvertretende Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Markus Kruppenbacher dem Mayschosser Wehrführer Berthold Ulrich nur eine Woche nach der Katastrophe ein Neustadter Tanklöschfahrzeug als Leihgabe überbringen konnte. Dieses Einsatzfahrzeug aus der Hauptfeuerwache war erst im Juni durch ein neues Tanklöschfahrzeug 4000 ersetzt worden und wird nun für einige Zeit in der Eifel seinen Dienst verrichten.

Große Maschinen und kleine Gesten

Doch nicht nur die Mayschosser Feuerwehr machte sich mit neuen Fahrzeugen vertraut, auch die Neustadter Kameraden konnten auf zwei besondere Hilfsfahrzeuge setzen. Die Daimler Benz AG aus Wörth stellte durch einen Kontakt in der Technischen Einsatzleitung Neustadt zwei Unimog zur Verfügung, welche vor Ort durch die Neustadter besetzt werden konnten und gerade in den ersten Einsatztagen zum wichtigsten Transportmittel in dem von der Außenwelt abgeschnittenen Dorf wurden. Aufgrund von kaputten Brücken und Zufahrten konnte Mayschoß nach dem Unglück vorübergehend nur über eine provisorische Zufahrt durch den Wald erreicht werden. Hier erwiesen sich die geländegängigen Unimogs, die robusten Feuerwehrfahrzeuge und private Quads bis zum Aufbau der Behelfsstraße als unentbehrliche Ressourcen. Nicht zuletzt verrichteten aber auch die anrollenden Baumaschinen privater Unternehmer, welche teilweise mit großen Gruppen zur Unterstützung in die Eifel gekommen waren, einen enormen Anteil der wichtigen Katastrophenhilfe und konnten beispielsweise zur schnellen provisorischen Erschließung der Zufahrtsstraßen nach Mayschoß beitragen.

Doch auch die Hilfen privater Personen, die zahlreichen Sachspendenden (beispielsweise über den Feuerwehrverein Neustadt Süd), die Unterstützung und das Verständnis zahlreicher Arbeitgeber und der große Zusammenhalt und die Dankbarkeit in der Bevölkerung prägten die Lage in Mayschoß nach der Katastrophe.

Auch die medizinische Versorgung wurde seit der Ankunft des ersten Neustadter Hilfskonvois sichergestellt: Die Schnelleinsatzgruppe des Roten Kreuzes, welche eigentlich für den Eigenschutz der eingesetzten Kräfte bereitstehen sollte, begann sofort mit der Versorgung der von der Außenwelt abgeschnittenen Bevölkerung. Um eine bestmögliche medizinische Notfallversorgung zu gewährleisten waren neben den Rettungskräften auch Ärzte vor Ort, darunter auch zwei Leitende Notärzte aus Neustadt.

Die Zusammenarbeit vor Ort mit dem Technischen Hilfswerk, der Bundeswehr, dem Roten Kreuz, den anderen Feuerwehren, den Freiwilligen Hilfskräften und den örtlichen Behörden funktionierte dank der regelmäßig stattfindenden Besprechungen der Einsatzleitung reibungslos und die Abläufe konnten problemlos ineinandergreifen.

In den dreieinhalb Wochen in Mayschoß entstanden viele Kontakte und Freundschaften zwischen den Einwohnern und den Einsatzkräften und Helfern vor Ort. Die Bevölkerung aller betroffenen Gebiete zeigte eine große Dankbarkeit für die Hilfe, die ihnen nach dem Hochwasser, welches vielen die gesamte Existenz genommen hat, zuteilwurde. Die verheerende Flutkatastrophe im Juli 2021 wird Neustadt und Mayschoß in Zukunft wohl noch lange verbinden.